Tag der Erinnerung und Mahnung September 2020

 

Ich begrüße Sie alle,

 

 

 

die heute zum „Tag der Erinnerung und Mahnung“, die der VVN-BdA jedes Jahr durchführt, gekommen sind.

 

Mein Name ist Irmela Orland. Im Jahr 2014 habe ich zusammen mit einigen anderen den „Freundeskreis Gedenkort alter Anstaltsfriedhof gegründet.

 

Als die damalige Irrenanstalt der Stadt Berlin zu Dalldorf im Jahr 1880 gegründet wurde, gehörte ein Begräbnisplatz gleich dazu. Etwa 3 - 5 Bewohner wurden pro Jahr dort bestattet. Das zuständige Pfarramt war hier nebenan in der Dorfkirche Wittenau.

 

Diese Kirchenbücher waren lange Zeit unsere einzige Quelle, denn die Klinik verschwieg bis 1984, was während des Nationalsozialismus hier geschehen war.

 

Diese Tafel hier wurde erst zehn Jahre später, 1994 gegen viele Widerstände angebracht.

 

 

 

Wo ist der Haken?

 

 

 

Sie starben den gewaltsamen Hungertod ist zu wenig! Die tödlichen Medikamente wurden nur fernab – im heutigen Polen – in Meseritz Obrawalde verabreicht?

 

und kein Wort darüber, dass unzählige dieser Schutzbefohlenen bis heute hinten auf dem Friedhof liegen! Ihre Geschichte habe ich mit Schülern des Georg-Herwegh-Gymnasiums recherchiert.

 

 

 

 

In den Kirchenbüchern stehen geradezu standardisierte Todesursachen:

 

Herzmuskelentartung

 

Gehirnaderverengung

 

Lungenentzündung

 

 

 

Aus den Krankenakten ist aber zu sehen, dass sie wegen dieser angeblichen Leiden gar nicht behandelt wurden – und dass sie schon nach wenigen Tagen oder wenigen Wochen verstarben.

 

Gewalsamer Hungertod?

 

 

 

Ich lese einmal einige Zeilen aus der Krankenakte von Erich G. Aufgenommen am 19.4.1945, verstorben am 26.4.1945

 

 

 

ZITAT

 

Wo ist der gewaltsame Hungertod?

 

Ähnlich erging es Else Gidius, die im Alter von 36 Jahren hier eingeliefert wurde, weil sie einen Nervenzusammenbruch hatte.

 

 

Gewaltsamer Hungertod?

 

Gestorben ist sie angeblich nach einer Impfung.

 

 

 

Auf den 1. September 1939 ist Hitlers Schreiben dadiert, in dem er ganz bestimmte Ärzte ermächtigt, besonders aussichtlos Kranken, den „Gnadentod“ zu gewähren.

 

In Wittenau wurde das besonders eifrig umgesetzt. Von den ca 15.000 Patienten starben 4.607 – etwas 40% davon liegen auf unserem Anstaltsfriedhof.

 

Seit 1990 besuchte ich mit unzähligen Schülergruppen den Friedhof, der immer mehr verwahrloste. Dann wurde er 1994 aufgehoben.

 

Warum?

 

Weil jeder daran glauben wollte, dass hier nur „Patienten ohne Angehörige liegen –

und zumal Menschen, die eines "natürlichen" Todes gestorben sind.